Abbildung 1: Bilder von MDCK-Zellen (Madin-Darby-Hundeniere), aufgenommen mit Phasenkontrast und Hellfeld.
Abbildung 2: Bilder von Amoeba proteus, einem einzelligen Organismus, aufgenommen mit Phasenkontrast und Hellfeld.
Die Interferenz von Lichtwellen
Die optische Pfadlänge (OPL) ist das Produkt aus dem Brechungsindex n eines Mediums und dem Abstand d, den ein Lichtstrahl zwischen zwei Punkten in einem Medium zurücklegt: OPL = n * d. Ein optischer Pfad kann erfordern, dass der Lichtstrahl mehr als nur ein Medium durchquert, wie ein Gas, eine Flüssigkeit oder einen Feststoff. Gängige Beispiele sind der Übergang des Lichts von Luft zu Wasser oder von Luft zu Glas. Die optische Pfadlänge hängt von der Laufzeit und Lichtgeschwindigkeit ab. Die Unterschiede in der optischen Pfadlänge führen zu unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Lichtwellen, wenn sie eine Probe passieren, also zu einer Phasenverschiebung. Dadurch treten Phasenunterschiede auf. Ein höherer Brechungsindex im Vergleich zum umgebenden Medium führt zu einer Verlangsamung der Lichtwelle und einer Abnahme ihrer Phase.
Interferenz beschreibt die Wechselwirkung zweier Wellen miteinander und die daraus resultierende Bildung eines neuen Wellenmusters nach dem Prinzip der Überlagerung. Der relevante Parameter für die Interferenz von Lichtwellen ist ihre Amplitude. Wenn zwei Wellen interferieren, ist die Amplitude der resultierenden Lichtwelle gleich der Vektorsumme der Amplituden der beiden interferierenden Wellen.
Wenn die Amplitude der resultierenden Welle größer ist, wird die Interferenz als konstruktiv bezeichnet. Dies ist der Fall, wenn entweder zwei Wellenberge oder zwei Wellentäler zum gleichen Zeitpunkt aufeinander treffen. Es ist auch möglich, dass ein Wellenberg einer Welle und ein Wellental einer anderen Welle zum selben Zeitpunkt aufeinander treffen. In diesem Fall entsteht eine Welle mit geringerer Amplitude. Die Interferenz zwischen diesen beiden Wellen wird dann als destruktiv bezeichnet.
Optischer Pfad in einem Phasenkontrastmikroskop
Die wichtigsten Elemente eines Phasenkontrastmikroskops sind eine ringförmige Apertur und eine Phasenplatte. Die ringförmige Apertur befindet sich in der vorderen Brennebene der Kondensatorlinse und begrenzt den Winkel der eindringenden Lichtwellen. Die Phasenplatte befindet sich in der hinteren Fokusebene der Objektivlinse und hat einen Phasenring aus einem Material, welches das durchtretende Licht abdunkelt und seine Phase um λ/4 ändert, wobei λ die Wellenlänge des Lichts bezeichnet.
Bei der Phasenkontrastmikroskopie unter den Bedingungen der Köhler-Beleuchtung [5] werden die Lichtwellen, die nicht mit der Probe wechselwirken, als heller Ring in der hinteren Fokusebene des Objektivs fokussiert. Der helle Ring stimmt räumlich mit dem Phasenring entlang der optischen Achse überein und verursacht eine Phasenverschiebung des nicht gebeugten Lichts. Licht, das von der Probe gebrochen wird, trifft nicht überwiegend auf den Phasenring und wird daher nicht beeinflusst.
Zwischen den beeinflussten und den nicht beeinflussten Lichtwellen gibt es eine Gesamtphasenverschiebung von bis zu λ/2. Die Phase von nicht gebeugtem Licht wird am Phasenring um λ/4 vorverlagert und Lichtwellen, die beim Durchgang durch die biologische Probe gebeugt oder gestreut werden, werden normalerweise um λ/4 verzögert. Die Gesamtphasenverschiebung von λ/2 ermöglicht die destruktive Interferenz der Lichtwellen in der Bildebene. Um den Kontrast zu verstärken, wird das unverzerrte Licht beim Durchgang durch den Phasenring, der auch einen Teil davon absorbiert, abgeschwächt. Es ist wichtig zu vermeiden, dass das unverzerrte Licht im Vergleich zum verzerrten Licht viel heller ist, denn sonst ist der Kontrast schlecht.
Eine Phasenverschiebung von λ/2, wie sie in der Phasenkontrastmikroskopie beobachtet wird, führt zu einem maximalen destruktiven Interferenzeffekt, da sich Wellenberg und Wellental der Lichtwellen effektiv zum gleichen Zeitpunkt treffen. Somit wird die Amplitude der resultierenden Lichtwelle reduziert und die Phasenverschiebung des Phasenobjekts in eine Amplitudenverschiebung umgewandelt.
Positiv und negativ – zwei Formen des Phasenkontrasts
Es gibt zwei Formen des Phasenkontrasts: den positiven und den negativen Phasenkontrast. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch die verwendeten Phasenplatten. Bei positivem Phasenkontrast wird die Phase des Lichts, das den Phasenring durchläuft, im Vergleich zum abgelenkten Licht erhöht, während seine Phase bei negativem Phasenkontrast verringert wird. Die Verzögerung der Phase bei negativem Phasenkontrast führt zu einer Destruktion der Wellen aufgrund der Phasendifferenzen. Die Lichtwellen sind in Phase und anstelle der destruktiven Interferenz tritt eine konstruktive Interferenz auf, die zu einer erhöhten Amplitude der resultierenden Lichtwelle führt.
Bei der Mikroskopie mit positivem Phasenkontrast werden Objekte mit einem höheren Brechungsindex als das umgebende Medium dunkler dargestellt als Objekte mit einem niedrigeren Brechungsindex. Bei negativem Phasenkontrast ist es genau umgekehrt.
Interpretation des Phasenkontrastbildes
Die Phasenkontrastmikroskopie visualisiert Unterschiede in der optischen Weglänge des Lichts, das eine Probe durchdringt. Die optische Pfadlänge hängt von der Dicke und dem Brechungsindex der Probe ab. Zellstrukturen wie Plasmamembranen und Organellen haben einen großen Einfluss auf die optische Pfadlänge. Da viele Zellen (insbesondere in Zellkulturen) eine flache und regelmäßige Form haben, sind sie bei der Hellfeldmikroskopie kaum sichtbar.
Ein Phasenkontrastbild solcher Zellen verstärkt die Unterschiede in der Zellstruktur und kann als Karte der optischen Dichte betrachtet werden, da die optische Dichte einen großen Einfluss auf den Brechungsindex einer Probe oder eines Präparats hat. Verschiedene Effekte erschweren jedoch die korrekte Interpretation des Phasenkontrastbildes, da sie nicht direkt auf den Unterschieden in der optischen Pfadlänge beruhen.
Als Halo-Effekt bezeichnet man das Auftreten eines hellen Randes bei positivem Phasenkontrast oder eines dunklen Randes bei negativem Phasenkontrast um große Phasenobjekte. Halos entstehen, weil ein Teil des gebeugten Lichts der Probe den Phasenring ebenfalls durchquert. Der Lichtring, der von den nicht abgelenkten Wellen gebildet wird, ist etwas kleiner als der Phasenring, und Lichtwellen mit niedriger Raumfrequenz, die von der Probe abgelenkt werden, können den Ring durchqueren. Das abgelenkte Licht, das den Phasenring durchläuft, behält eine Phasendifferenz von 90° bei und ist daher nicht von destruktiver Interferenz betroffen. Dies führt zu einer Kontrastumkehr und bewirkt, dass der Halo an den Grenzen großer Objekte erscheint.
Als Schattierungseffekt bezeichnet man eine Situation, in der homogene Teile einer Probe mit derselben Lichtintensität wie das umgebende Medium dargestellt werden. Obwohl das Licht, das diese Bereiche durchläuft, eine Phasenverschiebung erfährt, tritt nur eine geringe Beugung auf und der Streuungswinkel wird stark reduziert. Daher treten diese Lichtwellen wie das nicht gebeugte Licht in den Phasenring ein und erfahren keine Interferenz.
Ein weiteres Problem bei der Phasenkontrastmikroskopie kann die Kontrastinversion sein. Wenn sich Objekte mit einem sehr hohen Brechungsindex neben Objekten mit einem niedrigen Brechungsindex befinden, erscheinen sie heller statt dunkler (bei positivem Phasenkontrast). In solchen Regionen ist die Phasenverschiebung nicht die übliche Verschiebung von λ/4 für biologische Proben und anstelle von destruktiver Interferenz tritt konstruktive Interferenz auf (bei negativem Phasenkontrast ist es genau umgekehrt).
Obwohl die genannten Effekte die Interpretation von Phasenkontrastbildern erschweren können, ist die Phasenkontrastmikroskopie ein praktisches und wichtiges optisches Kontrastverfahren zur Abbildung von Phasenobjekten. Darüber hinaus ermöglicht die Phasenkontrastmikroskopie die Untersuchung zellulärer Funktionen und Strukturen in lebenden Präparaten, was sie zur am häufigsten verwendeten Kontrastmethode in der biologischen Forschung macht.